Auf ein Wort - Das Gebot der Stunde Warten

Liebe Leserin, lieber Leser,

warten. So heißt das Gebot der Stunde. Die einen warten auf sinkende Infektionszahlen. Die anderen auf ihre Impfung. Viele warten darauf, dass Schulen, Kindergärten und Geschäfte wieder öffnen. Viele auch darauf, sich endlich die Haare schneiden zu lassen, mal wieder ein Konzert erleben zu können, einen Geburtstag oder auch einen Gottesdienst zu feiern. Und natürlich: Alle warten auf den Frühling. Aber wie macht man das eigentlich: warten?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Im Bus gucken viele einfach aus dem Fenster oder auf ihr Handy, solange, bis der Bus endlich am Ziel ankommt. (Manche nennen das „Zeittotschlagen“.) Vor einem Auftritt schauen viele noch einmal auf ihren Text oder ihre Noten. Sie schieben alles andere im Kopf und um sich herum beiseite und konzentrieren sich ganz auf den Augenblick, wenn es losgeht. (Das funktioniert allerdings nur bei kurzen Wartezeiten, Tage oder Wochen kann man so kaum zubringen.) Und bei der Arbeit nutzen wir die Phasen des Leerlaufs gern für andere Aufgaben, die auch erledigt werden müssen. (Das nennen wir Effizienz.) 

Eine andere Art zu warten können wir im Buch der Psalmen beobachten: „Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen“ (Psalm 130,6a). Da wartet jemand auf Gott. Genauer: Darauf, dass Gott ihn frei macht. Vielleicht von seiner Traurigkeit oder seiner Schuld. Oder von einer anderen Not. Das Besondere daran ist, wie dieser Mensch wartet.

Der Psalm beginnt: „Aus der Tiefe rufe ich, HERR, zu dir; Herr, höre meine Stimme.“ Dieser Mensch wartet nicht und schlägt dabei seine Zeit tot. Auch um Konzentration oder Effektivität geht es ihm nicht. Dieser Mann wartet, indem er betet. 

Momentan warten wir alle. Corona hat uns dahingebracht. Doch die Frage ist, wie wir das am sinnvollsten tun. Füllen wir unsere neugewonnenen Zeitfenster einfach mit irgendetwas? Oder wagen wir es, uns dem wirklich Wichtigen zu stellen? Wagen wir es, uns mal wieder Gott ernsthaft zuzuwenden? Der Psalmbeter ist sicher (Vers 7): Bei Gott ist Friede. Und er wird die, die ihn suchen, freimachen – von allem, was sie bedrückt. Worauf warten wir noch? 

Ihr Pastor André Heinrich